NMR-Analyse von Chloroform
Wie in der nachstehenden Abbildung skizziert können drei separate, auf die drei möglichen beobachteten Kerne 1H, 13C und 35Cl abgestimmte Experimente durchgeführt werden.
Drei Anregungsimpulse (E1, E2, E3) mit entsprechender Trägerfrequenz werden auf die Probe gerichtet. E1 entspricht der 1H-Resonanzfrequenz, E2 der 13C-Resonanzfrequenz, und E3 schließlich der 35Cl-Resonanzfrequenz. Vorausgesetzt, die drei Isotope wurden erfolgreich angeregt, sendet die Probe Signale bei den drei Frequenzen f1, f2 und f3, die in drei separaten Spektren aufgezeichnet werden. Werden die ausgesandten Signale in einem Diagramm dargestellt, ergibt sich ein der nachstehenden Abbildung ähnliches Spektrum (beachten Sie bitte, dass die dargestellten Signalfrequenzen für einen 11,7-T-Magneten gelten und dass sämtliche Signale als
Singuletts, d. h. mit einer einzelnen Signalspitze aufgetragen wurden).Dieses künstliche Spektrum zeigt drei den drei Isotopen entsprechende Signalspitzen. Unter Berücksichtigung des relativen Anteils der drei Isotope in der Probe wäre eine Intensitätsverteilung der Chlor-, Wasserstoff- und Kohlenstoff-Signalspitzen im Verhältnis 3:1:1 zu erwarten.
Da jedoch auch die natürliche Verteilung der drei Isotope zu berücksichtigen ist, ergibt sich ein Verhältnis von 227:100:1. Der Anwender wird jedoch feststellen, dass das experimentell ermittelte Verhältnis zwischen den Intensitäten der Signalspitzen nicht mit diesen Werten übereinstimmt. Ursächlich hierfür ist, dass jedes Isotop eine inhärente Empfindlichkeit für die NMR-Technik aufweist. 1H ist 63-mal empfindlicher für die NMR-Technik als 13C. Selbst wenn also eine Probe exakt dieselbe Anzahl an 1H- und 13C-Kernen aufweisen würde, wäre die Intensität des 1H-Signals 63-fach höher als die des 13C-Signals.Mit einer Darstellung wie in der vorstehenden Abbildung gingen sämtliche Detailinformationen verloren, und die präzise Bestimmung einer bestimmten Frequenz wäre unmöglich.
Man spräche in diesem Zusammenhang von einem „Spektrum mit sehr schlechter Auflösung“ (die horizontale Auflösung eines Spektrums ist ein Maß dafür, wie gut das Spektrum zwei Signale mit dicht beieinanderliegender Frequenz trennt).Eine weitere Komplikation ist der weitreichende Bereich bei der vertikalen Skalierung. Die Abweichungen in der inhärenten Empfindlichkeit für die NMR-Technik, gekoppelt mit den Abweichungen im natürlichen Vorkommen, machen die Darstellung der Signale verschiedener Isotope in einem einzigen Diagramm oftmals nicht praktikabel. Faktisch wäre die vertikale Auflösung des Spektrums sehr schlecht (die vertikale Auflösung, d. h. das Signal/Rausch-Verhältnis eines Spektrums, ist ein Maß für die Empfindlichkeit).
Wenn sich unsere Analyse von Chloroform als vergleichsweise kompliziert erweist, liegt dies daran, dass wir versuchen, die Signale von drei verschiedenen beobachteten Kernen in einem einzelnen Spektrum miteinander zu vergleichen (hardware-/elektronik-bedingte Einschränkungen wollen wir hierbei ignorieren). In der Praxis werden NMR-Experimente daher mit nur einem einzelnen beobachteten Kern durchgeführt. Auch wenn bei Verwendung von mehr als einer Trägerfrequenz (z. B. bei Entkopplungs-Experimenten) mehrere Isotope simultan angeregt werden können, werden wir jeweils nur die Signale von einem einzelnen Isotop beobachten. Dies vereinfacht die Spektralanalyse erheblich.
Wie bereits erwähnt sind die auf die lokale atomare Umgebung zurückzuführenden Abweichungen in der Basis-Resonanzfrequenz tendenziell vergleichsweise gering, so dass nicht mit großen Spektralbereichen zu rechnen ist. Darüber hinaus sind das natürliche Vorkommen und die inhärente Empfindlichkeit für ein bestimmtes Isotop immer gleich. Die relative Intensität von beispielsweise zwei von 1H-Isotopen ausgesandten Signalen in einem einzelnen Spektrum hängt somit ausschließlich von der Anzahl der zu dem Signal beitragenden Atome ab. Dieser Umstand vereinfacht die Analyse von Spektren auf quantitative Informationen erheblich. Bevor wir nun mit einer detaillierten Beschreibung der NMR-Technik fortfahren, muss sich der Leser mit dem Konzept der Quantifizierung von Signalen in ppm (parts per million) und bezogen auf ein Referenzsignal vertraut machen.
Glossareintrag: | ppm |
Teile pro Million